Freinde
Ich kenne jemanden, der erzählte mir folgende Geschichte:
Mir sind die Menschen fremd geworden.
Die Menschen, das ist eine wilde und unvorhersehbare Masse an Leuten. Viele wollen erst mal dein Freund sein, über die Zeit vergessen sie es und schon kann es sein, dass sie dein Feind geworden, im nächsten Moment jedoch wieder freund sind.
Nicht fremd ist mir mein nächstes Umfeld, eine Hand voll von Menschen, die meist vorhersehbar sind. Aber im Großen und Ganzen sind Menschen mir doch fremd. So fremd, dass ich nichts mit ihnen zu tun haben möchte.
Wie kann es passieren, dass solche Gefühle entstehen? So eine Abneigung gegenüber den anderen? Denn nichts anderes sind sie doch, ein Gegenüber, ein Mitmensch.
Es irritiert mich, wie sie sich benehmen. Ihr Verhalten stößt mich zurück. Ich kann ihnen nicht mehr blind vertrauen, den Menschen. Sind sie deshalb mein Feind? Nein, mein Feind werden sie erst, wenn sie aus der Masse heraustreten, meine Grenzen verletzen.
Nur um sich gleich wieder als Freund zu präsentieren? Was soll das?
Was sind überhaupt meine Grenzen? Und warum kann ich sie nicht ausreichend schützen? Weil die entpuppten Feinde im nächsten Moment wieder das Gegenteil tun, bin ich nicht in der Lage ihnen meine Grenzen aufzuzeigen. Ich halte die Ambivalenz dieser Menschen kaum aus. Was sind sie nun? Freund oder Feind?
Meine echten Freunde lassen sich leicht abzählen. Meine Feinde wahrscheinlich auch, wenn ich überhaupt welche habe. Aber diese Freinde, die nicht in der Anonymität der Masse zwischen Feind und Freund verschwinden, die machen mir Probleme.
Sie sorgen dafür, dass ich allen zunächst misstraue, die nicht als Freund bewiesen sind. Ich bin freundlich, ich lächle sie an, aber ich bin auf der Hut.
Ich gehe nicht von alleine unter Leute. Mir sind die Menschen fremd geworden. Ich will nichts von ihnen, außer in Ruhe gelassen zu werden. Aber das Leben zwingt dich zu Interaktionen, so hoffe ich, dass sie möglichst glatt ablaufen.
Ich beobachte die Menschen, um sie zu verstehen. Und manchmal werden Fremde doch zu Freunden. Wenn ich sie besser begreife und sie mich auch ein wenig verstehen. Ich lechze danach, verstanden zu werden. Ich sehne mich nach Anerkennung und danach, gut genug zu sein. Ich sehne mich nach Freunden.
Und gleichzeitig schiebe ich sie von mir weg, die Menschen. Ich habe Angst vor Freinden. Ich habe Angst vor ihrem unvorhersehbaren Verhalten. Und darunter leidet alles. Gebranntes Kind. Verbrannte Finger.
Nein, sie sind mir fremd und bleiben fremd, die Menschen. Dank der Freinde.
Ich möchte noch noch bedanken für Ihre Gedanken zu meinem Text. Genau, ich unterscheide zwischen Freuden, Feinden, der Masse dazwischen und dann den Freinden. Letzteres empfindet hoffentlich nicht jeder so. Es sind vor allem Leute gemeint, die vorgeben Freunde zu sein, die aber meist nur ihre eigenen Interessen im Blick haben.
Viele Grüße
Gwendolin Simper In diesem Zusammenhang vielleicht von Interesse für Sie: https://www.buecher.de/shop/new-york/feinde-die-geschichte-einer-liebe/…?
Vielen Dank für den Tipp, das werde ich mir ansehen. Es klingt fast nach zu viel Spannung in den Beziehungen. Wie liest es sich denn?
Es ist eine Dreiecksgeschichte mit Migrationshintergrund. Mehr will ich nicht Spoilern, lieber Gwendolin Simper. Aber Sie haben Recht, es ist diese Art von Spannung und wenn uns die Vergangenheit wieder einholt. Eine positive Bearbeitung dieser Thematik liefert der überaus charmante Film mit Colin Firth in der Hauptrolle "Hope Springs". Absolut sehenswert.